Gedenksitzung zu Weltkriegen

In einer Festsitzung hat der oberösterreichische Landtag Montagnachmittag an den Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 und den Beginn des Zweiten Weltkriegs - genau heute vor 75 Jahren - erinnert.

Wie lange soll man sich noch an so weit zurückliegende Ereignisse erinnern, fragte Landtagspräsident Viktor Sigl zu Beginn und zitiert dann den ehemaligen deutschen Bundespräsidenten Roman Herzog:

„Der Erinnerung darf nicht enden. sie muss auch künftige Generationen zur Wachsamkeit mahnen. Es ist deshalb wichtig, nun eine Form des Erinnerns zu finden, die in die Zukunft wirkt. sie soll Trauer über Leid und Verlust ausdrücken, dem Gedenken an die Opfer gewidmet sein und jeder Gefahr der Wiederholung entgegenwirken.“

Bekenntnis zur Demokratie

Zeit für öffentliches Erinnern sei wichtig, sagt Sigl, denn es sei die einzige Grundlage, aus dem Geschehenen zu lernen und zukunftsorientiert zu arbeiten. In einer Interviewrunde unter der Leitung von ORF Chefredakteur Johannes Jetschgo legten die Vertreter der vier Landtagsparteien ein klares Bekenntnis zur Demokratie ab.

Landeshauptmannstellvertreter Reinhold Entholzer (SPÖ), Klubobmann Thomas Stelzer (ÖVP), Parteichef Manfred Haimbuchner (FPÖ) und Klubobmann Gottfried Hirz (Grüne) sagten, die wichtigste Lehre in der Politik nach 1945 sei gewesen, dass es einen Dialog und eine Konsensbereitschaft über alle Parteigrenzen hinweg gebe, nicht nur in Österreich sondern in ganz Europa, was schließlich auch Grundlage für die Europäische Union gewesen sei.

Besonders dichte, geschichtliche Phase

Betont wurde auch die Bedeutung der Sachpolitik, die Einbindung der Bürger in die Entscheidungen und die Vermittlungen politischer Abläufe in Schulen. Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) nannte das 20. Jahrhundert eine besonders verdichtete geschichtliche Phase. 1914 habe das Ende der alten Ordnung aus dem 19. Jahrhundert bedeutet.

Danach sei die Landkarte Europas neu gezeichnet worden und ein überhartes Friedensdiktat der Siegermächte gegen Österreich und Deutschland habe neben dem Antisemitismus, der Weltwirtschafskrise und dem Versagen demokratischer Eliten den Weg für Adolf Hitler geebnet. Nach 1945 seien dann die Teilung der Welt in Ost und West und der Kalte Krieg gestanden, so Pühringer.

Gründung der Europäischen Union

Dieses kurze 20. Jahrhundert mit seinen Kriegskatastrophen und nuklearen Menschheitsbedrohungen ist längst vorbei, weil es gleichzeitig viel Gutes, viel in die Zukunft weisendes wie die Gründung der Europäischen Union gebracht hat, so Pühringer. Er forderte dann zur Wachsamkeit gegen Extremismen auf.

Deshalb müsse die Politik den Menschen Perspektiven geben, etwa die Arbeitslosigkeit bekämpfen, um dem Extremismus keinen Nährboden zu geben. Auch wenn die Demokratie ihre Mängel hat, es gibt keine vernünftige Alternative zu ihr, schloss Pühringer.

22.500 Oberösterreicher fielen

Der Historiker Dieter-Anton Binder von der Uni Graz zeichnete dann ein sehr detailliertes Bild, was zum Krieg und zur Niederlage der K&K Armee geführt hat. Und er erinnerte auch an die Kriegsauswirkungen in Oberösterreich. Insgesamt fielen 22.500 Oberösterreicher, nahezu die Hälfte hinterließ Frauen und Kinder, 10.000 Oberösterreicher kamen als Kriegsinvalide zurück, nicht mitgezählt zumeist, weil nicht sichtbar, die psychisch Verletzten.

Wirtschaftsfaktor und erste Streiks

Steyrs Waffenproduktion sei stark gestiegen, andere Unternehmen, wie etwa die Sensenfabrik in Scharnstein (Bezirk Gmunden) lieferten Kriegsgerät. Daneben entstanden Gefangenen- und Flüchtlingslager, in denen Seuchen wieder zehntausende dahinrafften, so Binder. Gegen Kriegsende gab es in den größeren Städten erste Streiks in der Arbeiterschaft, die Erste Republik mit all ihren politischen Wirren wurde ausgerufen.

Heimkehrer ohne Perspektive legten den Grundstein für eine Frontkämpferpolitik, die letztlich neben anderen Faktoren zum Scheitern der Republik Anfang der 30er Jahre geführt habe, so der Historiker bei dieser Gedenkveranstaltung. Mit gleich 3 Hymnen - der Landes, der Bundes und der Europahymne ging die Festsitzung nach knapp zwei Stunden zu Ende.